Review: Shawls. Tücher stricken mit Stil – von Melanie Berg

[Werbung. Kostenloses Rezensionsexemplar.]

Auf das Buch aus der heutigen Rezension habe ich wochenlang hingefiebert, da ich ein großer Fan der Autorin bin. Melanie Berg, vielen besser bekannt als Mairlynd, veröffentlicht seit Jahren als Indiedesignerin ihre Anleitungen auf ravelry. Über 100 Strickanleitungen kann man dort von ihr finden, überwiegend Tücher, aber auch Mützen, Handstulpen und das ein oder andere Oberteil sind darunter. Vor allem durch ihre unaufgeregten, eher schlichten aber effektvollen Tücher hat sie sich eine große weltweite Fanbase aufbauen können.

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Nach Jahren als Designerin im Selbstverlag hat Melanie nun ihr erstes Buch in der TOPP Reihe vom Frechverlag veröffentlicht. Das Buch heißt „Shawls. Tücher stricken mit Stil. Knit im Style.

Überblick

Wie der Name des Buches schon sagt, beinhaltet es Anleitungen für Tücher – mein Lieblingsstrickobjekt. Der Buchtitel verrät noch etwas anderes. Eine Besonderheit des Buches ist, dass es zweisprachig ist und jede Anleitung sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch beinhaltet. Wer Melanies Anleitungen kennt, weiß, dass das eigentlich nur so gehen kann, denn Melanie veröffentlicht alle ihre Anleitungen sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch (es sei denn, die Anleitung wird im Rahmen einer Kooperation mit einem Garnhersteller veröffentlicht – dann gibt es die Anleitung meist nur in der Sprache, die der jeweilige Herausgeber spricht). Daher finde ich es wirklich super, dass sie sich auch mit ihrem Buch treu bleiben konnte und die Anleitungen direkt in zwei Sprachen enthalten sind. Und meine Freude darüber könnte auch daran liegen, dass ich sowieso viel lieber nach englischen Anleitungen stricke.

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Insgesamt enthält das Buch 15 Anleitungen für Tücher in unterschiedlichen Formen, wobei die überwiegende Anzahl dreieckig ist (aber auch bei Dreiecken gibt es ja noch unterschiedliche Formen, wenn wir uns mal an den Geometrieunterricht zurückerinnern ;-) ).

Bei den Tücheranleitungen gibt es eine weitere Besonderheit: Das Buch enthält „nur“ drei komplett neue Anleitungen, die 13 weiteren Anleitungen wurden von Melanie bereits in den letzten Jahren über ravelry veröffentlicht, sind also dort auch einzeln erhältlich. Das ist ein Punkt, der vor allem für eingefleischte Fans von Mairlynd wichtig ist – wenn man ihre Tuchanleitungen fleißig gesammelt hat, dann kann es durchaus sein, dass man die meisten Anleitungen aus dem Buch bereits besitzt.

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Meine Regel ist ja, dass sich ein Buchkauf immer dann „lohnt“, wenn mindestens drei Anleitungen darin enthalten sind, die man auf alle Fälle stricken möchte. Da Melanies Buch drei exklusiv darin veröffentlichte Anleitungen enthält, fällt es voll unter diese Regel. Aber auch abgesehen davon (ich hatte die meisten Anleitungen aus dem Buch tatsächlich noch nicht) bin ich ein großer Fan des gedruckten Werkes und schätze Handarbeitsbücher sehr. Ich liebe es, darin zu blättern und zu schmökern – das ist doch noch etwas anderes, als durch die ravelry Bibliothek zu scrollen. Zumal das Buch von Melanie ein schönes Hardcover ist, das sehr hochwertig aussieht und – was mir sehr wichtig ist – nach dem Öffnen auch offen liegen bleibt, wenn man die Seiten ein wenig herunter drückt.

Aufbau

Das Buch enthält, wie gesagt, 15 Tuchanleitungen. Diese sind – im typischen Melanie Berg Stil – zunächst einmal ausgeschriebene Anleitungen. Sollte es für ein Modell Charts (eine Strickschrift geben), sind diese am Ende des Buches aufgeführt, ebenso wie das Abküzungsverzeichnis. Dass Charts nicht direkt bei den Anleitungen abgebildet werden, zu denen sie gehören, finde ich immer ein wenig Benutzer unfreundlich, denn das zwingt mich dazu, während des Strickens hin- und her blättern zu müssen. Außerdem gibt es in den Anleitungen selbst (es sei denn, ich bin blind) keinen Hinweis darauf, ob hinten im Buch noch ein Chart dazu enthalten ist. Das muss man also vor dem Loslegen selber checken. Hier hätte man durch ein paar Worte den LeserInnen etwas Blätterei ersparen können.

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Bei der Umsetzung der Zweisprachigkeit hat man sich dazu entschieden, den deutschen und den englischen Text in zwei Spalten nebeneinander zu setzen. Das ist bestimmt für deutsche StrickerInnen hilfreich, die sich bisher noch nicht an eine englische Strickanleitung herangewagt haben. Da man hier beide Sprachen vor sich hat, kann man schön an der englischen üben und bei der deutschen „spicken“, wenn man nicht weiterkommt.

Allerdings finde ich persönlich, dass die Zweispaltigkeit mit den recht schmalen Spalten dazu führt, dass die sehr textlastigen Anleitungen drohen, unübersichtlich zu werden. Das betrifft vor allem die deutschen Anleitungen, weil deutsche ausgeschriebene Stricksprache einfach hoffnungslos umständlich ist (meiner Meinung nach). Manche ausgeschriebene Reihe geht durch das Spaltendesign über acht Zeilen. Für mich ist es da schwierig, beim Stricken nicht mit dem Auge in der Zeile zu verrutschen und den Überblick zu verlieren. Aber vielleicht ist das eine persönliche Präferenz. Zur Umsetzung der Zweipaltenlösung hätte ich mit ein breiteres Format gewünscht, dass es erlaubt hätte, die beiden Spalten breiter zu setzen.

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Und wenn ich gerade beim Kritteln bin: Ich vermisse ein Inhaltsverzeichnis. Schmerzlich. Es gibt keins. Noch nicht mal einen Index hinten. Man muss die Tücher also durch blättern suchen – ich muss zugeben, so etwas nervt mich ziemlich. Ich finde es schade, dass man hier auf ein Inhaltsverzeichnis verzichtet hat – das nimmt ja wirklich nicht viel Platz weg!

Sehr gelungen fand ich die Idee, nach dem Anleitungskapitel ein Kapitel namens „Projekte von „echten“ Strickerinnen und Strickern“ einzufügen. Hier wird jedes Tuch, das in dem Buch gezeigt ist, in einer Version gezeigt, die von „den Strickern da draußen“ gestrickt wurde – also Tücher, die Menschen nach Melanies Anleitungen gestrickt und auf ravelry oder den Social Media geteilt haben. Neben einem Foto, Namen und ravelry nickname der Strickerinnen gibt es ein kurzes Zitat über das Verhältnis der Strickerin zum Tuch oder zu den Anleitungen von Melanie generell. Ich finde es toll, dass Melanie in ihrem Buch ihrer Strickcommunity einen eigenen Platz einräumt und sie so feiert. Frau Feinmotorik kann man in dieser Galerie zum Beispiel entdecken und viele andere tolle Projekte von tollen Strickerinnen – und die Gelegenheit, die im Buch enthaltenen Tücher auch mal in anderen Farbzusammenstellungen zu sehen.

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Die Tücher und die Anleitungen

Was soll ich zu den Tüchern sagen? Ich bin großer Fan von Melanies Stil und könnte alle Anleitungen aus dem Buch sofort stricken. Von den neuen Anleitungen hat es mit vor allem Midnight in Berlin angetan – ein schönes graphisches Tuch mit Mosaikmuster. Melanie hat einen schönen Überblickihres bisherigen Werkes ausgesucht: Es gibt Mosaikmuster, Lacemuster, Zopfmuster und die berühmten“Lacemuster kombiniert mit Streifen“. Besonders ans Herz legen kann ich auch den „Joker and the Thief“, den ich damals vor Erscheinen für Melanie testgestrickt habe.

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Besonders gefreut hat mich, dass Melanie ihrem Stil 100%ig treu geblieben ist. Ich hatte ein wenig Angst davor, dass ihre Anleitungen umgeschrieben werden müssen, weil manche Verlage klare Vorgaben zur verwendeten „Stricksprache“ haben. Aber die Anleitungen in dem Buch sind 100% Melanie, es ist ihr Stil, es wurde nichts verändert, es ist vertraut. Das freut mich sehr, denn ihre Anleitungen sind klar verständlich, präzise und auf das Wesentliche beschränkt.

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Was für die „Anleitungssprache“ gilt, gilt auch für die im Buch enthaltenen Fotos der Strickstücke. Es sind keine professionellen Studio-Aufnahmen mit Models, sondern Melanies Fotos, die sie schon immer so und in diesem Stil für ihre Anleitungen verwendet. Dadurch behält sie auch mit dem Buch ihren Wiedererkennungswert, denn wer Melanies Anleitungen kennt, erkennt ihre Fotos schon von weitem.

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Fazit

Ja, ich weiß, ich habe wie immer ein wenig rumgekrittelt, so bin ich nun mal. Aber das ändert nichts daran, dass ich das Buch absolut gelungen finde. Ich hatte etwas Bauchschmerzen davor, dass Melanie mit dem „Eintreten“ in die Verlagswelt etwas von ihrem Stil verliert und der Verlag eventuell ein Buch auf den Markt bringt, dass nicht zu dem passt, was Melanie bisher gemacht hat. Und das ist vielleicht – abgesehen von den tollen Tuchanleitungen – das Schönste an dem Buch: Es ist 100 Prozent Mairlynd! Ein gelungener Einstieg in die Buchwelt. Und wer aufmerksam das Interview mit Melanie im Frickelcast verfolgt hat, der kann erahnen, dass da vielleicht noch mehr zu erwarten ist. Wir dürfen gespannt sein.

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Überblick

Titel: Shawls. Tücher stricken mit Stil. Knit in Style

Autorin: Melanie Berg

Verlag: TOPP Reihe vom Frechverlag

Preis: 22€

Verlinkt bei Caros Fummeley.

Cute Ways toAnnounce Your

Cute Ways toAnnounce Your (1)

(after use, please put it backin its proper place)

8 Kommentare

  1. Ich habe nach eurem Frickeltalk einen Blick in das Exemplar einer Freundin werden können und genau wie du ein Inhaltsverzeichnis vermisst… da ich allerdings keines der gezeigten Tücher in meiner Bibliothek gefunden habe, waren die Gegenargumente a) kein Inhaltsverzeichnis und 2) viele Dreieckstücher nicht ausreihend, das Buch NICHT zu kaufen und – in meinen Augen hat es sich auf jeden Fall gelohnt ❤
    Übrigens zum Kommentar von Anna: die Form von Danzig erinnert mich eher an einige Tücher von Martina Behm als die Farbgestaltung an das Tuch Solaris 😉

  2. es ist schon traurig, dass eine sg. Designerin angewiesen ist fremde Ideen als eigene zu vermarkten, andere Wolle, Farben, Form und andere Name. Das Original: Danzig von Justyna Lorkowska….. ähnlich…oder?

    • Danke für Deinen Kommentar.
      Ich weiß nicht, welches Tuch Du meinst. Solaris hat ein paar Streifen mit verkürzten Reihen, sieht aber ansonsten komplett anders aus… Und diese Streifen finden sich in vielen Designs, immer anders kombiniert und umgesetzt. Bei Martina Behm findet man die schon viel früher und es gibt garantiert noch viel mehr Anleitungen, die dieses Element benutzen.
      Grundsätzlich wäre ich immer vorsichtig mit dem Vorwurf des Kopierens. Gerade beim Stricken wird ganz selten etwas komplett neues erfunden. Die meisten Designer arbeiten mit Stitch Dictionaries, die meisten Muster gibt es schon seit Jahrzehnten wenn nicht länger.
      Da kann es schon mal vorkommen, dass man dasselbe Designelement entdeckt und für sich umsetzt.
      Die Designer können das in der Regel auch ganz gut untereinander klären. Beide Tücher gibt es jetzt schon recht lange, ich glaube nicht, dass eine der beiden Designerinnen da ein Problem hat. :)

      Liebe Grüße
      Steffi

  3. Hachja. Das fällt schon von der Aufmachung her irgendwie aus dem Rahmen dessen, was sonst so von frech kommt. Mir gefällts unglaublich gut und ich hoffe, dass man den Stil beibehält und noch mehr mit Melanie produziert. Tücher sind nicht so richtig meine Welt. Deshalb ist es für mich jetzt eigentlich gar nicht soooo spannend. Aber dein Modell finde ich schon mal toll und das auf dem Titelbild auch. Wenn man gern Tücher strickt und trägt, ist das sicher ein richtiges Highlight-Buch. Alle Männer von Strickmädels sollten sich das schon mal auf die Weihnachtswunschliste setzen :-D

    • Es ist halt 100% Melanie und ich finde es super, dass sie ihren Stil beim Verlag durchsetzen konnte. Es sind ihre Fotos und es ist ihr Anleitungsstil. Alles andere wäre furchtbar gewesen!
      Ja, für Tücher-Freunde ist das Buch perfekt. :)

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