[Werbung. Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar vom Stiebner Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt. Der Beitrag enthält Amazon Affiliate Werbelinks, die mit einem * gekennzeichnet sind. Wenn ihr diese zum Shoppen benutzt, bekomme ich eine kleine Provision. Der Einkauf wird für euch dadurch nicht teurer und ich kann auch nicht sehen, wer was über diesen Link bestellt. Ihr unterstützt damit meine Arbeit an diesem Blog. Danke!]
Eigentlich möchte ich zu dem Buch, das ich euch heute vorstelle, nicht viel mehr sagen als: Lasst alles stehen und liegen und kauft euch das. Sofort! Aber ich glaube, es wäre sinnvoll, euch wenigstens ein bisschen zu erzählen, warm – oder?
Alsooooo, das Buch, um das es heute geht, steht schon seit langer Zeit in der englischen Originalfassung * bei mir im Regal. Ich wollte es euch schon länger mal vorstellen, habe das aber bisher nicht geschafft. Umso mehr freue ich mich, dass ich euch heute sogar die deutsche Ausgabe von Norah Gaughans „Die große Zopfmustersammlung“ * vorstellen kann. Dass dieses Buch auch auf Deutsch (und damit auch für viele Stricker*innen verständlich, die nicht oder nur eingeschränktes Strickenglisch verstehen) erhältlich ist, haben wir mal wieder dem Stiebnerverlag zu verdanken (und zwar schon seit 2017 – wie konnte das an mir vorbei gehen?). Ich freue mich immer wieder, dass diesser Verlag so viele tolle fremdsprachige Titel für den deutschen Markt zugänglich macht.
Aber zurück zum Buch. Norah Gaughan ist für Zöpfe, was Nancy Marchant für Brioche ist: die ungekrönte Königin. Ernsthaft, wer Norahs Designs noch nicht kennt, sollte dringend mal auf ihrer Homepage oder auf ravelry vorbeischauen. Sie entwirft so tolle Zopfmusterpullis – zum Niederknien schön, wirklich!
Ihre große Zopfmustersammlung * ist aber kein Anleitungsbuch im klassischen Sinne. Es enthält zwar auch 15 Modelle zum Nachstricken, ist aber zuallererst eine Mustersammlung. Das Buch enthält insgesamt 150 von Norah gesammelte und entworfene Zopfmuster in unterschiedlichsten Kompexitätsgraden, von einfachen kleinen Zöpfen zu sehr großen, komplexen und verschlungenen Mustern. Das alleine würde das Buch schon zu einem definitiven Must-Have machen, denn wer kann schon an tollen Zopfmustern vorbei? Ich jedenfalls nicht. Und Solche Mustersammlungen kann ich ohnehin nur wärmstens für den eigenen Bücherschrank empfehlen, denn sie sind toll, wenn man sich mal an ein eigenes Design wagen möchte oder eine vorhandene Anleitung mit einem anderen Muster aufpeppen möchte.
Das Buch * ist aber viel mehr als „nur“ eine wundervolle Ansammlung von Zopfmustern. Norah nimmt die Leser*innen im Buch quasi mit in ihren Kopf und legt offen, wie sie beim Design von Zopfmustern vorgeht und vor allem, wie man die Muster anpassen, verändern und aus vorhandenen Formen völlig neue Strukturen schaffen kann. Das klingt seltsam, ist auch schwer zu beschreiben, aber super faszinierend anzuschauen. So zeigt Norah zum Beispiel anhand eines sehr großen, gleichförmig verkreuzten Zopfmusters, wie man es durch Weglassen einzelner Verzopfungen in optisch stark verändern kann. So wird aus einem vollflächigen Flechtwerk eine fast pflanzenartige Struktur. Wirklich super faszinierend.
Ich freue mich immer, wenn Designer*innen ihr Wissen so offen teilen, wie Nancy Marchant mit ihrem Brioche Wissen *, Cecelia Campochiaro mit dem Sequence Knitting * (meine Rezension dazu findet ihr hier: KLICK) oder eben Norah mit ihren Zopfmustern. Sie könnten ihre Erfahrungen auch eifersüchtig für sich behalten und allein über einzelne Designs Geld verdienen – aber sie stellen ihr Wissen der Allgemeinheit zur Verfügung und ermuntern jede*n Stricker*in, es anzuwenden und weiterzuentwickeln. Diese Ansatz ist mit per se schon sehr sympathisch.
Jedes der 150 in der Zopfmustersammlung * aufgeführten Zopfmuster ist durch Norah mit einer kleinen „Erläuterung“ versehen, die zumindest mir geholfen hat, die Zopfmuster strukturiert zu betrachten (zum Beispiel, wenn die ein Muster als „dreispaltiges Design“ beschreibt, hilft es mir, die einzelnen Teile als solche zu sehen und nicht nur das Muster als Ganzes). Dabei ist das Buch von „einfach“ bis „komplex“ geordnet: Es beginnt mit einfachen, kleinen, einspaltigen Zöpfen und geht über „breiter werden“ über „größer werden“ hin zum schon beschriebenen „Muster finden“ – das ist didaktisch sehr gut gemacht und obwohl es ein Nachschlagewerk ist, habe ich das Buch tatsächlich einmal von vorne bis hinten gelesen. Die Kapitel kulminieren im „Zeichnen“, wo Norah wirklich aufwändige, organische und graphische Muster vorstellt, die wirklich fast wie Zeichnungen aussehen.
Gut gefallen hat mir auch, dass Norah immer wieder die vorgestellten Muster in Beziehung zueinander setzt, die komplexeren Mustern sind zum Teil aus den einfacheren Zöpfen aus dem ersten Kapitel abgeleitet – Norah gibt immer an, welches Muster der „Ursprung“ ist. Das ist wirklich spannend, das dann zu vergleichen. Und die Muster sind vielfach auch mal „was anderes“ und nicht Zöpfe, die man schon hundertfach in anderen Mustersammlungen hat.
Alle Muster sind sowohl als Strickschrift als auch ausgeschrieben vorhanden, so dass wirklich jeder auf seine Kosten kommen sollte. Und hier setzt mein einziger Kritikpunkt an, den ich habe: Mir sind sowohl die Strickschriften als auch die ausgeschriebenen Anleitungen zu klein. Denen hätte man ruhig etwas mehr Raum geben können, man will ja schließlich mit dem Buch auch noch vernünftig arbeiten können.
Aber das ist wirklich das Einzige, was ich zu bekritteln habe. Ganz gegen meine Gewohnheit muss ich sogar den Theorieteil loben. Denn hier wird nicht stumpf gezeigt, wie man rechte und linke Maschen strickt, sondern es wird die Logik von Zopfmustern erklärt – inklusive einer Erläuterung, wie man Strickschriften richtig liest und aus welchen Bestandteilen die Symbole der Strickschrift bestehen. Auch das Verzopfen an sich wird gut verständlich erläutert. Insgesamt war ich sehr positiv überrascht von dem Basiswissen-Teil, der meiner Ansicht einen definitiven Mehrwert hat. Mithilfe des Theorieteils können sich auch Zopfanfänger an die Muster wagen.
Hervorzuheben will ich unbedingt auch noch, dass Norah mit ihrer Glattrechtsentsprechung (GRE) eine Systematik geschaffen hat, die hilft, die einzelnen Muster auszutauschen. Für jedes ihrer Zopfmuster gibt sie an, wie vielen gestrickten rechten Maschen es jeweils entspricht – so kann man einschätzen, ob zwei Muster gleich breit laufen oder ob man im Falle eines Austausches Hintergrundmaschen zufügen oder weglassen muss – das ist eine super Arbeitserleichterung und wird im Buch auch ausführlich erklärt.
Na, hab ich euch schon überzeugt, oder muss ich zusätzlich noch erwähnen, dass ich auch die 15 im Buch enthaltenen Modelle super finde? Darunter finden sich sowohl Accessoires als auch Klamotten und an dieser Stelle muss ich lobend erwähnen, dass die Oberteile zumindest von einem Brustumfang von 76 cm bis zu 137 cm gehen, also recht größeninklusiv sind. Ich habe mich ein bisschen in eine gemütliche Strickjacke verguckt und muss unbedingt schauen, ob ich da das passende Garn im Vorrat habe.
Fazit
So, jetzt ist aber genug geschwärmt! Ich bin Fan von dem Buch und kann es für so viele Stricker*innen empfehlen: Zopfanfänger*innen, (werdende) Designer*innen, Zopfliebhaber*innen, Stricktheoretiker*innen – meiner Meinung nach gehört das Buch in jeden Strickbücherschrank, und so etwas sage ich nicht oft!
Überblick
Titel: Die große Zopfmustersammlung *
Autorin: Norah Gaughan
Verlag: Stiebnerverlag
Preis: 28€ (D)