Blusenkleid Irene – von Lotte & Ludwig

Es ist der erste Mittwoch im September und der Me Made Mittwoch ist zurück. Die Sommerpause war gefühlt ewig und ich bin froh, dass ich jetzt wieder mittwochs durch viele tolle Projekte stöbern kann. Da finde ich den Me Made Mittwoch immer besonders inspirierend.

Und weil heute der erste MMM nach der Sommerpause ist, möchte ich euch heute etwas ganz besonderes zeigen. Es ist ein genähtes Stück, auf das ich wahnsinnig stolz bin: Ein (für meine Verhältnisse) recht aufwendiges Kleid aus Webware.

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Um den Schnitt von Lotte & Ludwig bin ich schon eine Weile herumgeschlichen, seitdem er erschienen ist. Ich habe das ganze immer etwas vor mir hergeschoben, weil ich ehrlich gesagt sehr viel Respekt vor Webware habe. Ich habe zwar schon erste vorsichtige Versuche gemacht (hier und hier), aber die waren eher einfach gehalten und das Kleid Irene, das an ein Blusenkleid der 50er Jahre erinnern soll, ist doch um einiges aufwendiger, weil es einige tolle Details enthält: Belege, mit Schrägband versäuberte Ärmel mit Tropfenausschnitt (heißt das am Arm eigentlich auch Ausschnitt?), gerafftes Rockteil, Bewegungsfalte am Rücken…

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Der Schnitt hat mich aber nicht losgelassen und ich will mich ja beim Nähen mit meinen Fähigkeiten entwickeln und immer Neues dazulernen. Ich möchte außerdem weg von dem immer nur schnell schnell vier Schnitteile zusammentackern und fertig ist die Laube. Ich bin ja beim Nähen nicht auf der Flucht, also warum eigentlich durch die Projekte hetzen und ein Teil nach dem anderen raushauen? Einen riesigen Haufen Klamotten kann ich eh nicht tragen.

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Kurzum: Ich habe mich an Irene gewagt. Und das wichtigste zuerst: Dank der super detaillierten Anleitung ist das Nähen überhaupt kein Problem! Man sollte sich nur Zeit nehmen und sehr genau arbeiten.

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Ich habe hier tatsächlich erst ein Probeteil aus billigem Stoff angefertigt und dabei zwei Dinge gelernt:

  1. Maßtabellen muss man richtig lesen, damit das Kleidungsstück nachher auch wirklich passt (no brainer, aber ich war wahrscheinlich zu aufgeregt)
  2. Raffungen am Rockteil tragen auf (dazu später mehr)

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Für das Paradestück habe ich dann wunderschönen blauen Baumwollstoff mit Batik-Paisley-Gemuschel-Muster genommen, den ich mal bei Hüco Stoffe gefunden habe. Das Kleid frisst relativ viel Stoff, da der Rock bei allen Größen gleich breit ist (und dann einfach auf die entsprechend benötigte Breite gerafft wird) und die gesamte Stoffbreite einnimmt. Und das bei zwei Schnitteilen entsprechender Länge. Außerdem braucht man noch ausreichend Platz für Schrägbänder, wenn man diese aus demselben Stoff machen möchte. Ich habe für mein Kleid mehr als 3m Stoff gebraucht, hätte wahrscheinlich durch noch geschickteres legen ein bisschen einsparen können, aber nicht viel.

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Das Nähen des Oberteiles ist sehr straight forward und auch die Schlaufen für die Knöpfe einzunähen ist kein Problem – die werden einfach zwischen Oberteil und Beleg angesetzt. Bei der Knopflösung zeigt sich auch, wie an vielen anderen Stellen des Kleids, die Liebe zum Detail: Um „Busenblitzer“ (oder so, wir alle kennen das von Blusen, diese doofe Lücke genau auf der richtigen Höhe) zu vermeiden, wird auf der Seite, auf der später die Knöpfe angenäht werden, noch eine Blende eingenäht. Selbst wenn dann mal was „blitzen“ sollte, gibt es nur Stoff zu sehen. Das finde ich wirklich schön gelöst.

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Eines der Highlights des Kleides sind natürlich die Tropfenärmel. Hierfür habe ich mir zum allerersten Mal Schrägband selber gemacht. Das geht mit einem Schrägbandformer super einfach und macht tatsächlich Spaß. Das Annähen des Schrägbandes selbst fand ich dann eher so mittelprächtig. Ich habe versucht, so akkurat wie möglich zu arbeiten, aber das ist mir nicht immer durchgängig gelungen. Hier ist definitiv noch Verbesserungspotential.

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Wenn man das Oberteil fertig hat, ist der schwierigste Nähteil geschafft. Der Rock ist eigentlich ganz leicht zu nähen – zumindest, wenn man ihn wie vorgesehen mit einer Raffung arbeitet. Ich selber habe ja beim Probekleid gemerkt, dass Raffungen und gebärfreudige Hüften nicht unbedingt so ganz die Traumkombination sind. Daher habe ich eine alternative Lösung gewählt, die auch in der Anleitung vorgestellt wird. Ich habe den Rockteil komplett durch Kellerfalten auf die richtige Breite gebracht. Das ist ein bisschen aufwendig und zeitraubend, weil man die Größe der Falten selber ausrechnen muss (die richtet sich nach der gewünschten Anzal der Falten, der Breite des Rockteils und der Ziellänge, also Breite des Vorder- bzw. Rückenteils). Hat man seine Faltenbreite ausgerechnet muss man sie wirklich sehr akkurat auf den Stoff übertragen, sonst passt der Rock nicht ans Oberteil. Ich habe mich für 10 Falten entschieden und ich musste nach dem ersten Versuch nur minimale Anpassungen vornehmen, damit die Breite stimmte. Die Mühe hat sich auf alle Fälle gelohnt, die Falten tragen bei weitem nicht so auf und ich finde sie tatsächlich sogar schicker als die Raffung.

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Da das Kleid an sich sehr leger sitzt, gehört noch ein Gürtel zum Ensemble, den man entweder fest annähen kann (das habe ich gemacht) oder als losen Gürtel mit der Option des Weglassens. Mithilfe des Gürtels kann das Kleid dann noch auf Figur gebracht werden.

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Die Knöpfe habe ich – natürlich – vom Knopf Paul. Es sind echte Perlmutter, die einen leichten bläulichen Schimmer haben und daher die Farbe des Kleides super aufnehmen. Schön finde ich, dass auch die Tropfenärmel mit Knöpfen geschlossen werden.

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Kurzum: Ich bin schon ein bisschen stolz auf das, was ich da zusammengenäht habe. Ich habe bei dem Projekt wirklich viel gelernt und finde den Schnitt super. So super, dass noch zwei weitere Versionen geplant sind. Bei denen wird dann der Rockteil verlängert – da fühle ich mich einfach wohler mit.

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Was war euer aufwendigstes Nähprojekt von euch? Auf welches Werk seid ihr besonders stolz?

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Mit diesem Artikel kommt noch eine Neuerung auf meinem Blog hinzu. Ich habe den Eindruck, dass einige nicht die Zeit haben, meine Artikel zu lesen und nur Bilder gucken, was auch völlig in Ordnung ist. Das führt aber dazu, dass ich sehr oft Fragen nach Schnitt und Bezugsquelle oder zum verwendeten Stoff bekomme, die ich im Artikel immer beantworte und nach Möglichkeit auch immer direkt verlinke. Das muss ja nicht sein. Daher gibt es von mir als extra Service von jetzt an unter jedem Post die TL;DR (Too long, didn’t read) Version mit – soweit vorhanden – den direkten Links zu Muster/Anleitung/Schnitt und Stoff auf dem Silbertablett. Ich hoffe, das hilft!

 

TL;DR

Schnitt: Blusenkleid Irene

Designer: Lotte & Ludwig

Mussichsoforthaben: käuflich zu erwerben hier

Stoff: Vor Ort bei Hüco Stoffe gekauft, kein direkter Link, sorry

19 Kommentare

  1. Die Schnittdesignerin kannte ich noch gar nicht, aber dieses schöne Kleid ist eine prima Werbung.
    Ich lese ehrlich gesagt nur mittellange Texte, außer ich habe wirklich vor, mir das Teil selbst zu nähen, dann will ich natürlich alle Infos!
    Lustigerweise war mein „Stolz wie Volle“-Teil letztes Jahr auch ein Hemdblusenkleid. Und dieses Jahr habe ich einen Mantel genäht… Ich nähe auch lieber Sachen, wo ich was lerne und wo ich jedes mal beim Anziehen etwas lächeln muss vor Stolz.

  2. Wow wirklich ein wundervolles Kleid, Du schaust klasse darin aus. Der SToff ist wunderbar, schöne Farbe, sehr schöner Druck und überhaupt hier stimmt einfach alles! LG Kuestensocke

  3. Die Stoffwahl zu dieser wirklich schönen Irene ist echt der Hammer! hätte ich auch genauso genommen … ich habe dafür zwei andere Version genäht und bin auch total verliebt in den Schnitt… dir steht das Kleid einfach wunderbar , genieß es, liebe Grüße Sarah

  4. Deine Einstellung zum neuen Wagnis gefällt mir gut. Ich mag diese immer wiederkehrenden „schaut mal was mir von der Maschine gehüpft ist“ statements eh nicht. Ich glaube man entwickelt erst mit der Zeit den Gedanken, dass man nicht (mehr?) näht um möglichst viele (durchschnittliche) Teile zu nähen, sondern eben um tolle, besondere Teile zu fertigen. Auch wegen des Nähprozesses an sich weil man dabei so schön abschalten, aber auch so viel dazulernen kann. Und dann merkt man plötzlich das Webware kein Hexenwerk ist und so viel mehr Möglichkeiten bietet 🙂

    Das mit der Blende unter der Knopfleiste ist ja wirklich sehr praktisch! Da muss ich mal drauf achten welche Schnitte das auch haben, oder mir einfach mal selber einbauen.
    Und deine Faltenlösung für den Rock ist auch sehr raffiniert. Ich gebe zu ich wäre da wohl trotz breiterer Hüften um dem Bewusstsein, dass Raffungen nicht optimal für mich sind einfach der Anleitung gefolgt.

    Die Aufzählung der wichtigsten Punkte am Ende ist natürlich auf jedem Blog toll und praktisch. Aber sich die Infos aus dem Text herauszupicken ist auch völlig in Ordnung. Mir persönlich kommt es beim Blog-Lesen nicht auf Bilder gucken an. Wobei ich mich über tolle Bilder auf denen man alles perfekt sehen kann auch immer sehr freue. Aber ein reines Gucken kann ich bei Instagram oder Facebook. Ich liebe alle Blogposts die wirklich viel über Schnitt und auch den Entstehungsprozess und kleine oder große Schwierigkeiten berichten. Dein post gefällt mir daher sehr gut und ich habe ihn gerne komplett gelesen.

    Und schön, dass du dieses Kleid für dich gefunden hast, es steht dir sehr gut.

  5. Ja, das ist ein toller Schnitt, Du hast recht. Ich nähe gerade meine 2. Irene und werde meine 1. Irene heute im Blog beschreiben. Ich finde, Du hast da genau den richtigen Schnitt für Dich gefunden, denn er steht Dir ganz ausgezeichnet.
    Gute Idee, für die „Nicht-Text-Leser“!!
    LG Epilele

    • Liebe Epilele,
      Oh, da muss ich nachher mal in Deinem Blog schauen und mir Deine Version anschauen. Bin schon gespannt :)
      Ich habe auch noch zwei andere Irenes genäht, weil ich den Schnitt so toll finde.
      Danke für Dein Lob!
      Liebe Grüße
      Steffi

    • Liebe Bitti,
      Danke für Dein Lob für mein Kleid. Bevor ich angefangen habe zu nähen habe ich auch nie Kleider getragen. Aber es gibt einfach so viele tolle Kleiderschnitte, da konnte ich nicht widerstehen.
      Aber nachdem ich die Herausforderung dieses Kleides geschafft habe, wollte ich mich mal an Blusen wagen. Das dürfte ja auch nicht so viel schwerer sein :)
      Liebe Grüße
      Steffi

  6. Sieht toll aus und steht dir super. Ich finde aufwendige Projekte super, den dann hat blöd gesagt eine innigere Verbindung. Und das Gefühl zu wissen so ein aufwendiges Kleid selbstgemacht zu haben ist schon toll.
    Ich bin zwar das erste mal hier, aber ich lese immer den ganzen Text, finde es aber sehr praktisch wenn es eine Zusammenfassung gibt mit Stoff, Schnitt, Änderungen, Problemen etc.
    Mach ich selber auch so bei meinen Texten.
    Lg Sabine

    • Liebe Sabine,

      Ganz lieben Dank für Deinen Kommentar. Ja, so ein aufwendiges Projekt schafft noch mal eine engere Verbindung zum Kleidungsstück. Beim ersten Tragen wollte ich am liebsten allen auf der Straße erzählen, dass ich das selbst gemacht habe :p
      Danke auch für Dein Feedback zur Zusammenfassung. Ich denke, ich werde das so beibehalten :)

      Liebe Grüße
      Steffi

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